Die Königin und der Meuchelmörder

Ich wünsche die Beseitigung des Königs noch in dieser Nacht!

So sprach die Königin zum Meuchelmörder, den sie für diesen Auftrag extra in ihre Gemächer hatte kommen lassen.
In Königinnenkreisen sind Meuchelmörder nun eher rar – jedenfalls in den Kreisen dieser Königin – und so war, als der Wunsch nach einer solchen Dienstleistung aufkam, die Frage: Woher nehmen?
Fernmündlich hatte die Königin folglich bei ihrer fürstlichen Freundin, der Gräfin von Schrappnellski vorgesprochen, die erst kürzlich erneut erfolgreich zur Witwe geworden war und sich ergo mit solcherlei Dingen trefflich auskannte.
Die Gräfin riet ihr nach kurzem Nachdenken die Dienste von MyMeuchelmoerder24.de – und tatsächlich: kaum hatte die Königin die Adresse im Browser ihres royalen Tablets eingegeben – wofür sie wohl bedacht zuvor einen neuen privaten Tab geöffnet hatte – wurden ihr auch schon zahlreiche Meuchelmörder in ihrer Nähe in Aussicht gestellt. Und, nachdem sie eilends ein nur ein ganz klein wenig gefaktes Profil angelegt hatte, kam es alsbald zum passenden Match. Nur wenige Messages später schon konnte ein viel versprechender Würgehandwerker eilends seinen Weg in den Palast nehmen.

Das Morgenlicht sah den König wie gewünscht (wenn auch nicht von ihm) erkaltend in seinem Blute liegen.
Die Königin – nun regierende Königin-Witwe – bekleidete sich eilends für ein auf Instagram zu teilendes Trauer-Selfie mit dem seit Wochen insgeheim bereit liegenden Witwenschleier und schickte sich hernach an, in ein langes, zufriedenes Witwenleben zu starten.

Der Meuchelmörder indes bekam ein anständiges Honorar sowie eine wohlverdiente Fünfsterne-Bewertung –  und alle waren's zufrieden.

Bei Beseitigungsbedarf nicht lange suchen: MyMeuchelmoerder24.de!

Der gläserne Surfer

Basierend auf meinen Aktivitäten auf YouTube hat die Datenkrake Google also ermittelt, dass ich mich für Online-Video interessiere.
Gut, dass ich keinen Flickr-Account habe – sonst wüssten die auch noch von meinem Interesse für Fotografie. Wenn dann noch die NSA herausfindet, dass ich einen Computer besitze, habe ich am Ende gar keine Geheimnisse mehr…

Kleine Drosselkunde

  • Schön: die Singdrossel
  • Scheiße: die Schnapsdrossel
  • schön Scheiße: die Flatratedrossel

Postfordistische Partykonversation

Vordergründige Hintergrundmusik: Wumbwummbwumbwummbwumbwummb...
Person 1:b__rn**tt
Person 2: WAS???
Person 1: BURN-OUT!!!
Person 2: ACH SO - Ja, Ich Auch!
(usw)

Quo vadis, E. Coli?

Ein SPIEGEL-Essay von LicetBovi

Hamburg im Juni: Angst liegt bleischwer über der Stadt, lastend wie eine tränengetränkte Decke.
An den neonstrahlenden Straßenecken St. Paulis, wo sonst ausgelassene Jungmännergruppen fröhlich in Hauseingänge urinieren, kauern schluchzend wimmernde Gemüsehändler und träumen von der verkauften Ernte des vergangenen Jahres.
Bleiche Städter streifen ziellos durch die Gassen, hohlwangig und mit radgroßen Ringen unter dem Auge, sichtbar geschwächt durch den Vitaminmangel der letzten Wochen. Skorbut, einst Menetekel der Seefahrer die hier an Land gingen, ist nicht mehr nur ein Raunen aus der fernen Vergangenheit, ein Klabauter in wirrem Seemannsgarn, nein, es ist eine Drohung näher als der Horizont, ferngehalten nur noch von Vitaminpillen, Präparaten, den Rettungsankern der modernen Zivilisation.
Die Furcht klebt an den Fersen der Passanten, schleichend und alles durchdringend wie der Keim, der die Gurke des täglichen Brots infiltriert wie eine faule Metapher einen Satz.

Hamburg, das Tor zur Welt, die strahlende Kulturmetropole, die Umwelthauptstadt, ist im Würgegriff der Seuche, der Epidemie. Die vier Buchstaben, das Akronym, das sie hier alle kennen und dessen Nennung sie alle erzittern lässt: EHEC.

Niemand hier, keiner in dieser sonst so pulsierenden Metropole, kann sich der furchtbaren Faszination der grassierenden Krankheit entziehen, nicht der eloquente Politiker auf den Stufen des historistischen Rathauses, nicht der zynische Banker in seinem glitzernden Glaspalast, nicht die Kreativen mit ihrem Laptop, auch nicht die verschworenen Linksautonomen in ihrer bunt-beschmierten, abweisenden Trutzburg, der Roten Flora. Selbst in diesem letzten der staatlichen Ordnung entzogenen Winkel des Widerstands können die Augen in den vermummten Gesichtern nicht verschlossen werden vor dem Grauen, das da umgeht in den Straßen des Viertels, der Stadt.

Wochen, ja Tage ist es her, dass Schulkinder unschuldig mit frohem Lachen ihre Pausengurken schwenkten, Mütter ihren Kleinen lächelnd die Tomate reichten, Döner mit Alles noch wirklich Döner mit Alles war.

Hoffnungslosigkeit macht sich breit, Angst, nicht nur vor der furchtbaren Krankheit, auch vor ihren verheerenden Auswirkungen auf die Gemeinschaft, vor dem Auseinanderbrechen der Gesellschaft, der Anarchie.
Schon brennen in den übel beleumdeten Vierteln der Stadt, brennen in Eimsbüttel und Othmarschen die Autos, verbarrikadieren in den noblen Vororten Billwerder und Steilshoop die Händler die Fenster ihrer schicken Geschäfte – in Erwartung des plündernden Mobs, dessen verzweifelter Raserei wohl nur die Auslagen der Gemüseläden nicht anheim fallen werden.

Ein Keim, tausendfach kleiner als ein menschliches Sandkorn, hat geschafft, was in all den Jahren Chaoten und Steinewerfer nicht vermochten: Hamburg, die Stadt, die so stolz die wehrhafte Festung im Wappen führt, steht am Abgrund.

Doch plötzlich, am Ende einer schicksalsschweren Woche, in der eine in ihrer Gnadenlosigkeit maßlose Natur die gestraften Hanseaten noch mit einer Sintflut prüfte, erschallt, erst leise und zögernd, doch dann immer lauter und gewisser, der Ruf: Die Sprossen warn's!
Und bald schon strömen die Menschen in die Gassen, eilen zu den Märkten und Supermärkten, sie reißen den erlösten Händlern förmlich das lang entbehrte Gemüse aus der Hand, beißen, als wärs das erste oder letzte Mal, noch im Laden in die erntefrische Gurke, liebkosen die Tomate wie eine lang ersehnte Geliebte, ergeben sich dem Genuss des Gemüses auf eine Art und Weise, die einem zivilisierten Menschen die Schamesröte ins Gesicht triebe, wüsste man nicht um die Angst und um das Leid, die bzw. das hinter diesen Menschen liegt.

Hamburg, so scheint es, ist, wie 1892, wie 1943, wie 1962 ein weiters Mal dem Untergang entronnen. Wie aus den Schicksalsschlägen zuvor wird die Stadt auch aus dieser Katastrophe gestärkt hervorgehen, kaufkräftiger, selbstbewusster, bornierter.

Lesen Sie nächste Woche: Es ist ein Keim entsprossen - die Tragödie Bienenbüttels.

Kommando Ideo-logisch

Manchmal betätige ich mich ja ganz gerne als Medienkritiker – oder, wie man früher gesagt hätte, als Klugscheißer.
Folglich finde ich auch in der Suppe, die das Abendblatt bezüglich des Flora-Soli-Konzerts in der Fabrik anrührt, das eine oder andere Haar.
Jens Rachuts Bandprojekt trägt natürlich keine ordinäre Sonnenmilch im Namen, sondern heißt korrekt "Kommando Sonne-nmilch".
Und das Schurnalist_innen Schwächen im Ausdruck haben, ist man in Zeiten, in denen "vermeintlich" und "mutmaßlich" notorisch verwechselt werden ja schon gewohnt.
Dass aber ausgerechnet ein Abendblatt-Autor "ideologisch" schreibt, wo doch offensichtlich "ideell" gemeint ist, hat schon einen besonderen Charme.

Selbstverständlich ist auch dieser Artikel zu einer Geschichte über "Krawalle in der Schanze" verlinkt, wie immer, wenn das Schlagwort "Flora" vorkommt.
Aber das ist natürlich kein Fehler, sondern gewollt.

Der Verkehrskasper kommt

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Heute fand in Hamburg wieder eine als "Critical Mass" bezeichnete Fahrraddemo statt.
Das Großaufgebot nicht von M. Batz blau illuminierter Polizeifahrzeuge aller Führerscheinklassen, die tatütend und tatatend kreuz und quer durch Altona und St. Pauli gurkten, hatte natürlich rein gar nichts damit zu tun.
Einer fragenden Anwohnerin wurde die Sperrung der Bleicherstraße durch mehrere Mannschaftswagen und zahlreiche Polizist_innen mit einer "Großkontrolle" begründet - "nein, keine Demo". Die Radfahrer_innen seien wegen "Fahrens gegen die Einbahnstraße" gestoppt worden. Möglicherweise wollten die Angestellten des Herrn Ahlhaus dessen gerade laufende Charme-Offensive torpedieren. Oder man geht – wohl nicht zu Unrecht – davon aus, das A. in St.Pauli ohnehin keinen Blumentopf gewinnen kann. Zahlreiche Anwohner_innen und Schaulustige kommentierten das martialische Bemühen um Verkehrssicherheit jedenfalls bestenfalls höhnisch.
Die Bleicherstraße ist für den Radverkehr übrigens in beide Richtungen freigegeben.